Texas Cattleman's Club: The Stolen Baby (4-teilige Miniserie) - Gerard, Cindy; Orwig, Sara; Galitz, Cathleen; DeNosky, Kathie (2024)


2. Kapitel

"Was wirst du tun? Mich mit nach Hause nehmen und an dein Bett fesseln?"

Du meine Güte, dachte Carrie, als sie aus der Dusche trat und sich ein flauschiges dunkelgrünes Handtuch aus dem Wäscheschrank schnappte. Habe ich das tatsächlich zu ihm gesagt? Ausgerechnet zu Ryan Evans?

Sie stöhnte und vergrub ihr Gesicht in dem weichen Handtuch. Wenn sie wenigstens so schlau gewesen wäre, danach den Mund zu halten. Aber nein, sie musste natürlich noch etwas hinzufügen, was schrecklich frivol geklungen hatte: Was, wie ich finde, durchaus seinen Reiz haben könnte. Sie hatte gehofft, vielleicht doch endlich einmal einen Funken von Interesse in seinen Augen aufleuchten zu sehen.

Aber nicht bei Ryan. Oh nein! Er war kein bisschen an ihr interessiert.

"Wenn ich ein Pferd wäre, vielleicht." Oder einer von diesen geländegängigen Wagen mit Allradantrieb - wuchtige Kunstwerke aus silberglänzendem Chrom und schwarzem Lack -, die er so gerne fuhr.

Nein. Ryan Evans war noch nie an etwas interessiert gewesen, was sie und ein Bett betraf. Es sei denn früher, da hatte er sie zu überreden versucht, auch sein Bett zu machen, weil er zu sehr damit beschäftigt gewesen war, ein wildes Pferd zuzureiten oder den Mädchen nachzustellen.

Carrie rieb sich mit dem Handtuch die Haare und schaute sich dann angewidert im Spiegel an. "Einige Lektionen sind wohl ein bisschen schwerer zu lernen, was, Carrie-Bärchen?" brummte sie missmutig und spürte, dass ihre Wut nachließ und von Müdigkeit und Melancholie ersetzt wurde.

Ja, einige Lektionen waren härter als andere. Ryan war eine der härtesten.

Schniefend und seufzend trocknete sie sich zu Ende ab, rieb sich mit ihrer neuen Bodylotion ein, die so feminin duftete, dass sie einem Mann schon die Sinne verwirren konnte. Als sie die Bodylotion gekauft hatte, hatte sie an Ryan gedacht. Carrie verzog verächtlich den Mund. So langsam machte sie sich lächerlich. Was tat sie nicht , ohne an Ryan zu denken?

Sie betrachtete ihr armseliges Ich im Spiegel. "Also, ein für alle Mal, was wirst du in Bezug auf ihn tun?"

Sie wusste es wirklich nicht. Sie liebte ihn seit einer Ewigkeit. Sie vergötterte ihn, während er sie nie als etwas anderes als seine kleine Schwester angesehen hatte. Nach dem heutigen Abend war es ziemlich eindeutig, dass er sie auch niemals als etwas anderes betrachten würde: Er hatte auf ihre Andeutungen und Einladungen, die nun wirklich nicht mehr subtil zu nennen gewesen waren, weder mit Erschrecken noch mit einem Aufstöhnen oder gar Interesse reagiert.

Nachdenklich biss sie sich auf die Unterlippe und sah der unwiderlegbaren Wahrheit ins Auge. "Vielleicht ist es an der Zeit aufzugeben."

Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus, während der Gedanke sich wie Blei auf ihre Seele senkte. Ja. Vielleicht war es an der Zeit.

Nachdem sie in ein sauberes, übergroßes Nachthemd geschlüpft war und sich ein Paar Socken über ihre kalten Zehen gezogen hatte, schlenderte sie ins Wohnzimmer und bürstete sich dabei das nasse Haare. Unterwegs schnappte sie sich die Fernbedienung, hielt sie in Richtung Fernseher, drückte auf den Einschaltknopf und ließ sich dann auf das Sofa fallen. Die flauschige blaue Chenilledecke fühlte sich kuschelig weich und warm an, als sie sie von der Sofalehne nahm und über ihre hochgezogenen Knie legte. Allerdings wäre es noch viel schöner gewesen, wenn sie sich an Ryan hätte kuscheln können.

Sie ermahnte sich. "Du tust es schon wieder, Whelan. Es wird nicht geschehen. Nicht mit Ryan, also gib es einfach auf."

Während der nächsten fünf Minuten versuchte sie, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie genau dies tun musste. Sie musste ein für alle Mal ihre Träume von einer gemeinsamen Zukunft mit Ryan aus ihrem Kopf verbannen.

Also dachte sie an ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Krankenhaus, an die Kinder im Kinderhort - an alles, nur um Ryan aus ihren Gedanken zu vertreiben. Dabei drückte sie mit einer Hand die Fernbedienung und zappte sich durch die Programme, während sie unbewusst mit der anderen Hand an dem unbändigen Haarwirbel an ihrer linken Stirnseite herumzupfte.

"Nichts. Man sollte doch denken, dass man unter Dutzenden von Sendern einen findet, auf dem es etwas Interessantes gibt", ärgerte sie sich laut. Wenigstens eine Sendung, die sie unterhalten und von ihren Hirngespinsten um Ryan Evans ablenken würde. Vergeblich.

Wütend auf sich selbst, schaltete sie den Fernseher aus und warf die Fernbedienung auf den Beistelltisch. Plötzlich entdeckte sie das Fotoalbum auf der unteren Ablage des Tisches. Eine Weile starrte sie es an, bevor sie der Versuchung nachgab, in Erinnerungen zu schwelgen.

Ein Foto von ihrer Mom, ihrem Dad, von ihr und Travis ließ sie wehmütig lächeln. Mit dem Zeigefinger strich sie vorsichtig über die freundlichen Gesichter ihrer Eltern. Sie war neun gewesen, Travis siebzehn, als das Foto entstanden war. Sie waren zusammen in Fort Worth bei einer Viehmesse gewesen. Es war eines der letzten Fotos, das von ihnen allen zusammen gemacht worden war, bevor ein Unfall Sue und Joe Whelan das Leben gekostet hatte.

Carrie wünschte von ganzem Herzen, es würde ihr nicht so schwer fallen, diese Fotos mit lebendigen Erinnerungen zu füllen, aber nach vierzehn Jahren waren diese Erinnerungen verblasst, genau wie die Farben der Fotos.

Sie hatte schon vor langer Zeit ihr normales Leben wieder aufgenommen. Der Schmerz war irgendwann erträglich geworden. Eine unbestimmte Sehnsucht hatte die grausame, schmerzhafte Trauer, die ihre heile Kinderwelt so abrupt zerstört hatte, ersetzt. Aber selbst jetzt noch, Jahre später, vermisste sie ihre Eltern.

Mit einem letzten wehmütigen Blick blätterte sie um ... und da war er. Ryan. Schlaksig und dünn, aber schon breitschultrig, stand er da und sah mit seinen großen braunen Augen in die Kamera. Er war achtzehn, sie war zehn gewesen, beeindruckend groß und stark stand er da und grinste verschmitzt in die Kamera. Ihr Herz pochte heftig, so wie immer, wenn sie ihn sah, wenn sie an ihn dachte, wenn sie sich glauben machen wollte, dass er mehr als ihr großer Ersatzbruder sein konnte. Zu dem war er geworden, nachdem seine Eltern sie nach dem Unfall, als sie völlig verstört, verschlossen und verwirrt gewesen war, aufgenommen hatten.

Besonders schlimm für Carrie war die Tatsache gewesen, dass sich Travis kurz vor dem Unfall ihrer Eltern bei der Marine verpflichtet hatte. Niemals wieder hatte sie sich so allein gefühlt wie damals. Noch jetzt brannten ihr die Augen, wenn sie an die einsamen Nächte dachte, in denen Ryan sie weinend in dem Zimmer gefunden hatte, das ihr seine Mutter mit liebevoller Rücksichtnahme auf das kleine, traurige Mädchen eingerichtet hatte.

Breitschultrig und nachdenklich hatte er in ihrer Zimmertür gestanden, einen schmerzhaften, hilflosen Ausdruck im Gesicht. Doch dann hatte er gelächelt und war in ihr Zimmer gestürmt wie ein großer, lauter Teddybär und hatte alles darangesetzt, sie zum Kichern zu bringen, und hatte es schließlich geschafft, die Frau, die in ihrer zehnjährigen Seele heranwuchs, dazu zu bringen, ihn zu lieben.

"Wir sind jetzt deine Familie", hatte Ryans Mom ihr immer wieder nach diesem entsetzlichen Tag versichert. "Du und Travis, ihr gehört zu uns. Dein Daddy war unser Vorarbeiter. Ich habe deine Mutter wie meine Schwester geliebt, und dein Vater war für meinen John viele Jahre wie ein Bruder ... so wie Travis und Ryan wie Brüder sind. So wie du jetzt meine Tochter bist."

Langsam schloss Carrie das Fotoalbum und drückte es gegen ihre Brust, so wie Sandy sie früher immer gegen ihre gepresst hatte. Dieses Album spiegelte ihr Leben wider. Und dazu gehörte auch die Fantasie, dass Ryan sich irgendwann in sie verlieben würde. Heute Abend war sie endlich in der Lage einzusehen, dass es nicht geschehen würde.

Ryan Evans war nicht der Richtige für sie.

"Also ... das war es dann, oder?" flüsterte sie und spürte, wie eine tiefe Traurigkeit sie überkam. "Der berüchtigte entscheidende Moment."

Eine Träne kullerte ihr über die Wange angesichts der schmerzlichen Erkenntnis, dass sie sich schließlich doch dazu durchgerungen hatte, ihren Traum aufzugeben. Es war an der Zeit, nach vorn zu schauen. Sie wollte eine Beziehung. Sie wollte einen Ehemann und niedliche, pausbäckige Kinder. Und da sie nun endlich akzeptiert hatte, dass Ryan in dieses Bild nicht hineinpasste, war sie entschlossen, jemanden zu finden, der hineinpasste. Und zwar bald.

Ein Klopfen an der Haustür schreckte sie auf. Sie schniefte, wischte sich schnell die Tränen aus den Augen und ging in den Flur. Die Zeiger der Uhr zeigten an, dass es fast Mitternacht war. Ein hastiger Blick durch den Spion beschleunigte ihren Puls.

Sie riss die Tür auf. "Ryan."

"Hallo, Bärchen", meinte er mit einem schiefen Grinsen. "Darf ich für einen Moment hereinkommen, oder habe ich mich vorhin durch mein Verhalten zu einer unerwünschten Person gemacht?"

Sie schaute in sein lebhaftes Gesicht, in die warmen braunen Augen, die sie immer an kostbaren Whiskey erinnerten und die sie wie ein Lagerfeuer schon mehr als einmal gewärmt hatten. Unter dem linken Auge hatte er eine feine Narbe - eine Erinnerung an seine Rodeotage und an einen Zusammenstoß mit einem Wildpferd, das ihn fast in den Boden gestampft hatte. ...

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